Unsere Einrichtung – Das Schierbachhaus
Im Folgenden präsentieren wir unsere Einrichtung aus unserer Perspektive auf rechtlicher Grundlage des § 34 KJHG.
Einrichtung der freien Jugendhilfe / Wohngruppen
Bereich Wohngemeinschaften:
- Wohngruppe 1: Nienstädt, 9 Plätze
- Wohngruppe 2: Wendthagen, 8 Plätze; Aufnahme ab Schulalter
Bereich „teilbetreutes Wohnen“:
- bis zu 2 Plätze / Aufnahmealter: min. 16 Jahre
Zielgruppe:
- Kinder und Jugendliche beiderlei Geschlechts, ab Schulalter
Aufnahmekriterien / Problembereiche:
- Verhaltensstörungen
- Verwahrlosung im sozialemotionalen Bereich,
- Lern-, Leistungs- und Teilleistungsstörungen
- Beziehungsstörungen
- Dissozialität
- Entwicklungsverzögerungen und -defizite
Ausschließende Kriterien:
- erhebliche körperliche und geistige Behinderungen
- Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit
Unser Selbstverständnis im Schierbachhaus
Ziel unserer Arbeit ist es, Kinder und Jugendliche, die in Not geraten sind und/oder ihre Familien in chronische „Erziehungsnotstände“ bringen, aufzunehmen, mit unserer Unterstützung über diese kritische Wegstrecke zu geleiten und ihnen einen Neuanfang zu ermöglichen. Insbesondere gilt es:
- unsere Kinder und Jugendliche gegen Schädigung zu „immunisieren
- ihre persönliche Entwicklung zu unterstützen und fördern
- sie vor Gewalt zu bewahren
- einen förderlichen Lebensort auf Zeit zuzugestehen, obwohl der Erfolg nicht messbar ist
- ihre physischen und psychischen Grundbedürfnisse ernst zu nehmen
- für altersgemäße Beschäftigung zu sorgen
- den Wünschen nach Anerkennung, Nähe usw. nachzukommen
Die Wohngruppen 1+2 des „Schierbachhauses“ arbeiten mit einer handlungsorientierten und erlebnispädagogischen Konzeption, hier sind neben anderem zu nennen:
- Anleitung in allen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten
- Projektarbeiten
- Planung, Organisation und Durchführung von erlebnispädagogischen Freizeitaktivitäten
Methodische Grundlagen
Kontinuität und Zuverlässigkeit sind wesentliche Bestandteile in der Arbeit und Begegnung der uns anvertrauten Kinder.
Ein strukturierter Tagesablauf, ein strukturierter Rahmen mit durchschaubaren Regeln soll ein Zusammenleben ermöglichen, das die Grundlage für eine stabile Zukunftsorientierung bildet. Die Lebensbereiche der von uns betreuten Kinder und Jugendlichen im Schierbachhaus befinden sich in den folgenden Landkreisen: LK Hameln-Pyrmont, LK Hannover, LK Minden-Lübbecke, LK Holzminden, LK Schaumburg, Stadt Detmold.
Um unseren Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein differenzierteres Angebot machen zu können, haben wir der seit 1996 bestehenden Einrichtung (WG 1) eine weitere Wohngruppe (WG 2) im Oktober 1999 zur Seite gestellt. Hier bieten wir jüngeren Kindern die Entfaltungsmöglichkeiten, die im Zusammenleben mit Jugendlichen bei Interessenkonflikten eher an Grenzen stoßen.
Zugleich kann aber auch älteren Kindern in dieser Gruppe die Möglichkeit belassen werden, individuell Versäumtes (Unterdrücktes) spielerisch nachzuholen. So ist die obere Altersgrenze in diesem Haus als eine fließende aufzufassen. Seit Mitte 2006 bieten wir die Möglichkeit einer gemischt-geschlechtlichen Gruppe.
Zu unseren „Jüngsten“ gesellen sich nun Mädchen, die vom Interesse und von der sozialen Fähigkeit her im Gesamten ein harmonisches Gefüge bilden. Die Kernkompetenz des „Schierbachhauses“, die Arbeit in Gruppen mit ausschließlich Jungen, wird durch diese Neustrukturierung nicht angetastet.
Wir erweitern die Ausrichtung unserer Arbeit aber durch einen wesentlichen Aspekt und bieten unseren Kindern ein passenderes Sozialisationsspektrum falls notwendig.
Die Wohngemeinschaft 1 liegt in der Kerngemeinde der Samtgemeinde Nienstädt und ist in einem speziell zu diesem Zweck geplanten Gebäude untergebracht.
Die Wohngemeinschaft 2 liegt in dörflicher Umgebung und ist in einem renovierten Altbau mit weitläufigem Grundstück, als Spiel- und Tobe-Bereich für die Kinder besonders geeignet, untergebracht. Die hauswirtschaftliche Versorgung erfolgt jeweils eigenständig in den Wohngruppen.
Pädagogischer Ansatz
Das konkrete pädagogische Handeln in den Wohngruppen orientiert sich an verhaltenstherapeutischen und systemischen Ansätzen.
Die Pädagogik soll dazu dienen, positive und sozial förderliche Bedingungen zu gestalten, damit das Kind bzw. der Jugendliche lernen kann, seine Anliegen legal und sozial angemessen zu formulieren und umzusetzen.
Pädagogische Zielsetzung
Vor dem Hintergrund des allgemeinen pädagogischen Ansatzes einer mittel- bis langfristigen Unterbringung können folgende Zielsetzungen möglich sein:
- Reintegration
- mittelfristige Integration in die Herkunftsfamilie
- bei langfristiger Unterbringung: die Verselbständigung
Methodische Grundlagen
Die methodischen Grundlagen lassen sich aus den lerntheoretisch orientierten und systemischen Ansätzen ableiten. Dazu gehört unter anderem:
- die kontinuierliche positive Verstärkung auch von kleineren persönlichen Fortschritten
- die Suche und Bewusstmachung von selbstwertdienlichen Kognitionen bzw. Gedanken
- Entwicklung förderlicher sozialer Fertigkeiten im Rollenspiel
- Transfer der Fertigkeiten auf reale Lebensbereiche
- Einüben von Selbstkontrolle
- Aktives Zuhören bei besonderen Problemen
- Ausgewogenes Verhältnis von Alltagsstruktur und freien Entfaltungsmöglichkeiten
- Analyse systemischer Zusammenhänge
Arbeitsweise im Schierbachhaus
Die pädagogischen Gruppenkräfte in beiden Wohngruppen arbeiten im Schichtdienst. Von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr gilt die Nachtbereitschaft. Wochenenden werden entsprechend des Dienstplanes mit einer Fachkraft abgedeckt.
Die Gruppe ist grundsätzlich mit mindestens einer pädagogischen Kraft besetzt, eine ständige Rufbereitschaft ist eingerichtet.
Einmal in der Woche findet ein Teamgespräch aller Mitarbeiter des Gruppendienstes statt. Je nach Bedarf, aber mindestens einmal im Monat erfolgen Zusammenkünfte aller Mitarbeiter beider Häuser.
Den Mitarbeitern/innen werden jährlich auf den spezifischen Tätigkeitsbereich abgestimmte Fortbildungsprogramme unterschiedlicher Anbieter (LJA, Spitzenverbände, private Dienstleister etc.) vorgelegt. Jede Fachkraft nimmt mindestens einmal im Jahr an einer wenigstens eintägigen Fortbildungsveranstaltung teil.
Eine Besonderheit im Schierbachhaus ist die enge Vernetzung beider Wohngruppen. Konzeptionell wurde das „Ur-Schierbachhaus“ 1996 als eine Wohngruppe mit stark familienorientierter pädagogischer Ausrichtung gegründet. Die Mitarbeiter arbeiten sowohl in der WG 1 als auch in der WG 2. Ferner gibt es eine Teilnahme im gegenseitigen Wechsel an den Gruppensitzungen. Die Vorteile dieser Arbeitsweise liegen auf der Hand:
- der „rote Faden“ zieht sich durch die Gesamteinrichtung
- jeder kennt jeden, was große Vorteile bei personellen Engpässen und gemeinsamen Aktivitäten bietet.
- es gibt bei einem Wechsel keine Beziehungsabbrüche
- regelmäßige Kontakte sind gegeben
- für die Leitung bedeutet dies eine Vereinfachung von Koordinierungsaufgaben
- einen ständigen Informationsfluss, der gleich bleibende qualitativ gute Leistung gewährleistet
Inhalte der Arbeit im Schierbachhaus
Beratung
Die Beratung (Erziehungsplanung, Supervision) findet in der Regel alle 4-6 Wochen durch einen externen Psychologen statt. Dabei werden insbesondere Auffälligkeiten der Kinder und Jugendlichen unter verhaltenstherapeutischen und systemischen Aspekten analysiert und pädagogische Handlungsmöglichkeiten erarbeitet.
Bei speziellen schulischen Fragestellungen wird eine Lehrkraft hinzugezogen
Schulische Förderung
Die Kinder und Jugendlichen besuchen öffentliche Schulen im Einzugsbereich der Einrichtung. Da davon auszugehen ist, dass die Kinder und Jugendlichen über zum Teil gravierende Wissens- und Lernlücken verfügen, bietet das pädagogische Personal Hausaufgabenhilfe an. Gezielte Nachhilfe wird von einer externen Fachkraft geleistet.
Hilfeplan
Die Einrichtung erstellt für das jeweilige Hilfeplangespräch nach §36 SGB VIII auf Wunsch einen schriftlichen Kurzbericht, aus dem Aussagen über die Entwicklung des Kindes bzw. des Jugendlichen zu entnehmen sind.
In Absprache mit dem jeweiligen Träger der Jugendhilfe werden alle Betroffenen zum vereinbarten Termin des Hilfeplangespräches eingeladen. Dabei wird das betreffende Kind bzw. der Jugendliche grundsätzlich mit einbezogen.
Sonderaufwendungen im Einzelfall
Folgende Sonderaufwendungen im Einzelfall werden nach dem Individualprinzip erbracht:
- Taschengeld
- Bekleidungsbeihilfe (nach Aufnahme)
- Nachhilfeunterricht
- Beihilfe zur Teilnahme an externen Freizeitmaßnahmen
- Familienheimfahrten bei Entfernungen von mehr als 50 km oder mehrmaligen Heimfahrten pro Monat
Individuelle Sonderleistungen
Folgende individuelle Sonderleistungen können nach Bedarf zeitnah organisiert werden:
Erziehungsplanung
Mehrfache, über die nach ca. 3-5 Monaten generell durchgeführte und im Entgelt enthaltene Erziehungsplanung hinausgehende, Sitzungen mit unserem Psychologen und Heimberater (je Sitzung ca. 3 Stunden)
Diagnostik
Neben der allgemeinen pädagogischen Beobachtung innerhalb der Gruppe findet in Zusammenarbeit mit dem/der Psychologen/in (extern) bei Bedarf eine systematische Erhebung von Materialien zum Verhalten der Kinder und Jugendlichen statt, die Grundlage für das pädagogische Handeln ist.
Therapeutische Leistungen
Therapeutische Einzelförderungen werden grundsätzlich von externen Fachkräften durchgeführt, in Absprache mit dem/der beratenden Psychologen/in. Zu nennen sind insbesondere Verhaltenstherapeuten, Psychoanalytiker, Psychomotoriker sowie Therapeuten mit systemischen Ansätzen. (Ergo-, Spiel-, Maltherapie, Krankengymnastik, therapeutisches Reiten)
Nachhilfe
Gezielte Nachhilfe wird in Kooperation mit Nachhilfeschulen bzw. über private Angebote geleistet.
Kinderschutz
Mittels einrichtungsinterner Fortbildungen durch externe Fachkräfte stellen wir die Schulung und Sensibilisierung unserer Mitarbeiter in Bezug auf Kindeswohlgefährdung sicher.
Darüber hinaus ziehen wir eine „insoweit erfahrene Fachkraft“ (gemäß § 8a, SGB VIII) in Einzelfällen hinzu, sofern sich geringste Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung beobachten lassen.
Der Einsatz von individuellen Sonderleistungen muss im Hilfeplangespräch erörtert worden sein und sollte vom örtlichen Träger der Jugendhilfe, den Personensorgeberechtigten sowie der Einrichtung befürwortet werden.
Qualitätssicherung im Schierbachhaus
Unsere wesentlichen Instrumente der Qualitätssicherung sind Beratung und Anleitung, die regelmäßige Erziehungsplanung unter der Führung eines externen Psychologen, Fortbildung sowie eine systematische Dokumentation der Entwicklung des Kindes bzw. des Jugendlichen.
Ein intensiver Austausch von Eindrücken und Beobachtungen über die Bewegung in der Gruppe und das Verhalten der Einzelnen wird im „Schierbachhaus“ als wesentlicher Faktor für den Erfolg der Erziehungsarbeit angesehen. Es werden von allen Sitzungen des Teams und den Dienstbesprechungen Protokolle angefertigt, die einen Überblick über die Systematik der Arbeit geben.
Über die tägliche Arbeit wird ausführlich Buch geführt. Dienstzeiten, sowie Mahlzeiten, Bekleidungs- und Taschengelder werden in gesonderten Listen festgehalten.
Durch eine besondere Dienstaufteilung mit besonderer Kenntnis der individuellen Befindlichkeiten (Betreute wie Betreuer) wird die Einhaltung des qualitativen Standards überprüft.
Die Heim- und Erziehungsleitung steht im engen persönlichen Kontakt zu allen Mitarbeitern. In vertraulichen Einzelgesprächen oder auch zu mehreren werden Probleme dienstlicher und auch privater Natur offen besprochen und es werden durch die Einrichtung aktive Problemlösungen und Hilfen angeboten.
Durch Hinzuziehung einer „insoweit erfahrenen Fachkraft“ nach § 8a, SGB VIII, stellen wir sicher, dass alle Möglichkeiten der Erkennung von Kindeswohlgefährdung ausgeschöpft sind.
Über interne und externe Fortbildungen, z.B. durch das Niedersächsische Landesjugendamt und/oder Referenten für einrichtungsinterne Veranstaltungen zu speziellen Themen oder Problematiken, verbindlich für alle Mitarbeiter oder ausgewählte Multiplikatoren, wird ein zeitgemäßer Wissens- und Qualitätsstandard aufrechterhalten. Ferner nehmen unsere Mitarbeiter an Arbeitskreisen zur Vernetzung und zum Austausch über aktuelle Problematiken der stationären Jugendhilfe teil.